DIE TRAURIGE
BALLADE VON DER LIEBE EINES
REGENWURMS
ZU EINEM STREICHHOLZ
(Dieter Hartig)
Ein Wurm sich einst nach
Würmerart in einer Pfütze spielte.
Und nebenbei, wie´s
Würmerart, nach einer Würmin schielte.
Doch zu seinem großen Pech,
Sah
der arme Wurm nicht recht.
Darum hat er sich auch
sogleich in ein Streichholz verliebt,
Das auf der Oberfläche der
besagten Pfütze trieb.
Als er das rote Köpfchen sah,
da war er ganz von Sinnen.
Und glaubt es oder glaubt es
nicht, so´n Wurm der kann auch schwimmen.
Er hielt gleich auf das
Köpfchen zu
Und begann darauf im Nu,
Nach uraltem Ritual sein
Minnespiel mit Tänzen.
Worauf er die Erwählte
schmückte, mit Blumen und mit Kränzen.
Er führte sie zum Ufer hin,
dem sandigen Gefilde.
Das Hölzchen jedoch sprach zu
sich: Der führt wohl was im Schilde !
Wie soll ich das verstehen ?
Der will sich wohl vergehen !
Das Hölzchen spreizt die
Enden ein, an Steinen Seit´ bei Seit´,
Der Wurm in seinem
Liebesglück, hielt es für Schüchternheit.
Der Regenwurm auf gut
lateinisch „Lumbricus terrestris“,
Hob zärtlich die Geliebte an
und über das Hindernis.
Bettet sie zwischen Steine,
Und läßt sie darauf alleine.
Ringelt davon, so schnell er
kann, gerät sogar in´s Schwitzen,
Und kommt bald mit dem
Brautgeschenk: ganz zarte Wurzelspitzen.
Dann kniet er nieder und
erzählt von Liebe, Love, Amour und mehr.
Das Hölzchen schaut ihn
entgeistert an, versteht nun gar nichts mehr.
Das Streichholz ruhig liegt.
Er sich ganz eng anschmiegt.
Mit heißen Liebkosungen er
nun die ewig Liebende bedrängt,
Und schmachtenten Blickes an
ihrem roten Köpfchen hängt.
Während der Wurm die Liebste
um einen einzigen Kuss bat,
Ist nichts mehr abzuwenden.
Ein schreckliches Ende nun naht.
Als die Sonne am höchsten
stand
Der Funke der Liebe übersprang.
Das Schwefelhölzchen
entflammte und löste sich in Asche auf.
Da nahm der traurige Wurm
einen Eimer und löschte seine Liebe aus.